Kunrad 63
Gude, die Herrschafte,
selten is es mir schwerer gefalle, mein Kokolores zu schreibe, als in diesen Tagen. Wenn mer die Katastrophe in Japan betracht, da is mer so ohnmächtig un ratlos wie ein Atomphysiker. Eins will ich Ihne awer sache: Dass mer die Natur- un Urgewalte technisch in Griff kriege kann, das könne nur die Dümmste von de Dumme behaupte, auch wenn se noch so lang studiert habbe.
So, des wär des! Und nun verlangt die Chronistenpflicht auf die Dinge zu kommen, die unser Stadt beschäftige, als da wären die Wahl der Stadtverordneten und des Bürgermeisters.
Bei ersterer muss ich schon gestehe, dass ich den Unterschied der politischen Aussagen der Parteien kaum feststelle konnt. Die wolle alle irgendwie es selbe: eine lebenswerte Stadt, Senkung der Schulden, prima Kinnergärte, gute Schulbildung, die Vereine unnerstütze un so weiter. Ja, un wo is der Disput, der Widerstreit der Ideen? Fehlanzeige! Wenn sich die AL/Grüne un die CDU nit wege den angeblich zuviel aufgehängte Einwegplakate in de Haarn gehabt hätte (Stichwort: Rindeschädigung), da wär ja gar nix los gewese.
Un die Plakate! Auf einem stand: „Die stabile Kraft der Vernunft“. Jetzt rate se mal, von wem des Ding is? Falsch, es war nit die CDU, sondern die AL/Grüne. Toll war auch die FDP, die hat e Plakat mit der Aufschrift „Wir können grün besser“. Isch dacht zuerst, des wär e Tafel von de Grüne, bis isch direkt devor stand un erkannte, dass des von de FDP is. Ausgerechnet die wolle grün besser könne. Durchaus möglich, mer weiß ja nit, was das Bezugsobjekt is. Besser als die Energiekonzerne oder die Automobilindustrie oder de Schornstein von Krotzebursch? Mer waases nit.
Interessanter is für mich de Bürgermeisterwahlkampf. Die fünf Kandidate tun sich zwar aach nit wechselseitig weh, awer das is ja auch eine Personenwahl un da kommt´s nit aufs Programm, sondern auf die Köpf an.
Der Titelverteidiger, also der marathon-geigespielende, grüne Röder-Roland, wird herausgefordert vom fahnetragende Germane-Centurio Norbert Rink, dem sozial- demokratische Diana-Schütze Stefan Junge, dem liberale Bulau-Hotelier Hans Gensert und dem ultrafreie Gewerbevereinstreibende Manfred Rädlein.
Da wird spekuliert un phantasiert! Was aber am Sonntag herauskommt, kann keiner saache, weil der Wähler halt ein unbekannter Wankelmut is. Isch behaupte seit Monaten, dass die Wahl in Orwisch entschiede wird. Klingt irgendwie geheimnisvoll, odder? Was das bedeute soll, weiß isch awer selbst nit. Letztendlich muss mer saache, mer hätte schlechtere Kandidate erwische könne! Deshalb forder ich Sie auf, am 27. 3. wähle zu gehe. Isch geb jedenfalls mei Stimm ab. Dann bin isch wieder de ganze Sonntag heiser! Wenn Sie verstehe, was ich meine.
Meine Verehrung
Ihne Ihrn Kunrad