Kunrad 92 August 13 Bahnhof un Hitzeerscheinunge

Kunrad 92

Gude, die Herrschafte,

also isch fühl mich in de letzt Zeit wie der Kannibale, der en Clown gegesse un danach gesacht hat: „Der schmeckt awer komisch!“

Also, wenn isch mir den Bahnhof in Oweroure un den neue Zufahrtsweg anschau, da weiß ich nit so recht. Womöglich soll letzterer dazu diene, die Zeit, die mer an de geschlossen Schrank verlorn hat, wieder uffzuhole. Beim Bahnhofsvorplatz sage die Leit nur, dass mer erst es Haus baut un dann de Hof macht. Bei uns is es umgekehrt, wobei isch mir denke, dass der Investor, der jetzt den Bahnhof erneuern will, ja auch nach Fertigstellung nit Monate lang warte kann bis de Vorplatz gemacht wird.

Merkwürdig war auch der Vorschlag von de junge Union, en Bolzplatz in Orwisch mit Kunstrasen zu versehe. Gut, mir hätte dann de teuerste Bolzplatz westlich von Wladiwostok gehabt un de Regierungspräsident wär persönlich vorbei gekomme, um dem Magistrat an de Kopp zu greife, awer der schöne Platz hätt doch höchstens ein Monat gehalte un dann widder ausgesehe wie de alte.

Vielleicht is einem auch wege dem Wetter so komisch gewese. Bei der Hitz da komme noch dezu alle raus aus ihrne Löcher, dann awer so eine Sorte von gemostert, also für Breidert un Bienegarte: gekleidet. Gut, bei de Dame is ja auch die knappste Gerätschaft zu akzeptiern, awer bei de Herrn… Da werde gern emal, um es vorsichtig zu formuliern, die äußersten Grenzen der Ästhetik ausgelotet. Isch selbst hingegen zieh auch bei Hitz e ordentlich Hose an, awer da gibt´s Kerle, die ziehe dann üwer ihr Stachelbeine gern so e Art Bernemer Halblang mit eim Karomuster, das mer sonst nur uff moderne Unnerhose find. Bei manchem tät de Lagerfeld vor Verzweiflung sein eigene Zopf fresse.

Bei dem Wetter geht mer auch gern emal uff e Fest im Freie. So war isch bei einer Festivität, bei der zwar durchaus auch die typisch hessische Versorgung gewährleistet war, awer auch den Bedrängnissen der Moderne Tribut gezollt wurde. Da hat ein Mädchen mittleren Alters einen Aperol bestellt. Isch hab gedacht, das is de typische Name für eine Deckfarb odder was zum Abbeize. Unner uns, ums vorweg zu nemme, es is was zum Trinke. Isch hab´s versucht, glaube Sie mir, vom Geschmack her jedenfalls is des zum Abbeize auch nit schlecht.

Dann kam ein weibliches Wesen un hat gefracht: „Habt ihr auch en Hugo?“ Hab isch geantwort: „Da hinne steht er!“ Da hat die mich angeguckt, als hätt isch nit es ganze Besteck im Kaste. Des wär „das“ Modegetränk. Na ja, isch wußt gar nit, dass Bier un Äppler von so einer grünen Brause mit Schnittgras verdrängt worde sein solle. Awer wenn mer so was hört, da isses doch kein Wunder, dass mer sich emal komisch fühlt, selbst wenn mer kein Clown verschluckt hat.

Meine Verehrung

Ihne Ihrn Kunrad

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