Tachebuch 27.04.2020 (Frisurenkatastrophe)

Gude, die Herrschafte,

„Wieso sin Friseure eigentlich nicht systemrelevant?“, hat mich ein Bekannter am Wochenend gefracht. Naja, isch weiß gar nit, ob´s ein Bekannter war. Unner dem verfilzte Babbkopp hätt sich so mancher verstecke könne. Awer Recht hatt er gehabt, mer sieht ja mittlerweile so aus, als hätt mer die Pandemie dreimal durchgemacht un nur mit Not üwerlebt. De Freitag dät eim nit erkenne, un wenn  er noch so lang an seim Robinson geübt hätt!

Un zu allem Üwerfluß kommt gestern mei Fraa an un sacht: „Guck emal, was isch da hab!“ „Ein Rasierapparat für dein Damebart?“, hab isch gerätselt. „Nein“, sacht sie, „das ist en Haartrimmer, da kann isch dir schee die Haarn schneide.“ „Soweit käm´s noch!“, hab isch gerufe. „Isch hab schon früher das Motto gehabt: An meine Haut lass isch nur Wasser un CD! Heut heißt des: An mein Kopp lass isch nur Kamm, Shampoo un en Friseur! Dass du Bescheid weißt!“ Ja, awer sie hätt grad in so einer Zeitschrift, die am Wochenend kostenlos de Briefkaste verstopft, ein wunderbare Bericht gelese: „So geht Haareschneiden für Anfänger“. Den hat sie mir unner die Nas gehalte. Da konnt mer sehe, wie eine Dame erstmals ihrm Mann die Haarn geschnitte hatt. Isch zitier nur einen Satz des Artikels: „Halte das Ohr mit zwei Fingern fest!“ Mehr brauch isch ja wohl nit zu erwähne. Womöglich hat die Friseur-Anfängerin die annern Finger schon erwischt un die Frisur eine leichte Rotfärbung davon getrage. Isch will´s gar nit wisse! Jedenfalls gab´s  e Bild vom Endergebnis. Der arm Kerl sieht aus wie en amerikanische G.I. kurz vorm Abflug nach Vietnam. Un dann wird behauptet, dass en zufriedene Kunde zurück gebliebe sei. Wahrscheinlich ist der deshalb zufriede, weil er´s zumindest üwerlebt hat. Isch hab meiner Fraa folgerichtig durch einen geordneten Zornesausbruch klar gemacht, dass isch keine Lust hätt, mit einem Haartrimmer massakriert zu werde. Un sie sollt, wenn se unbedingt Haarschneide wollt, zum Nachbar geh, bei dem könnt se eh nix mehr verschlimmern.

Jedenfalls ruf isch seitdem unentwegt bei meim Friseur an, der ja nächst Woch widder uffmacht. Isch hab uff de Anrufbeantworter gesproche, dass es ein absoluter Notfall sei un Lebensgefahr, ob der Entschlossenheit meiner Fraa selbst Hand anzulege, bestehe würd. Der Rest is Beten!

Meine Verehrung

Ihne Ihrn Kunrad

Tachebuch 25.04.2020

Gude, die Herrschafte,

die Zeite ännern sich im Moment rasend schnell. Heut morjend beim Einkaufe hat einer gesacht, früher wär mer inhaftiert worde, wenn mer mit ner Maske in e Bank komme wär, heut passiert dir das, wenn du ohne reinmarschierst.

Un außerdem musst du als derzeit tätiger Bankräuber ganz annere Anforderunge erfülle, du musst nämlich e gescheit Handschrift un ausreichende Deutschkenntnisse habbe. Wenn du heut mit Atemschutzmaske un einem Pappdeckel in de Bank erscheinst, uff dem mit krakeliger Schrift steht: „Dass ißt ein Iberfal“, kannst du gleich daheim bleibe. De Bankangestellte drückt dann zwar auch uff ein Knöpfche, awer nit des von de Warnanlage, sondern des vom Handy, um dich zu filme un bei Youtube unner der Rubrik „Depp des Tages“ zu veröffentliche.

Die Pandemie führt awer auch dazu, dass mer immer blödere Einfäll hat. Isch war ja mit meim Rad zum Einkaufe gefahrn un hatt`s an de Sparkass quasi mim Lenker zuerst an die Wand angelehnt. Wie isch das beim Zurückkomme gesehe hab, hab isch zu mir gesacht: „Guck, wenigstens dei Fahrrad hatt´s zu was gebracht. Es is jetzt bei de Bank angestellt!“

Bei so Gedanke kann mer sich nur wünsche, dass die Krise bald vorbei is.

Meine Verehrung

Ihne Ihrn Kunrad

Tachebuch 22.04.2020

Gude, die Herrschafte,

heut hab isch gelese, dass in Hessen ab Montach eine Maskenpflicht gilt. Hurra! Endlich habbe mir es ganz Jahr Fastnacht! Hellau!

Meine Verehrung

Ihne Ihrn Kunrad

P.S.:

Die Kunrad-Facebook-Seite hat jetzt auch ein Name:         facebook.com/dekunrad

Tachebuch 20.04.2020

Gude, die Herrschafte,

folgende Begebenheit beweist, dass auch nach jahrzehntelanger Ehe Begriffe wie  „blindes Verständnis“, „traute Zweisamkeit“ und „gegenseitige Hochachtung“ keine Fremdwörter im gemeinsame Zusammenlebe sein müsse.

Also, gestern Mittach nach em Esse hat mei Fraa so e Osterhasetäfelsche Schokolad uffgemacht.  Un die Schokolad war unne weiß un obe braun. Sagt mei Fraa: „Guck emal, die is halb dunkel un halb weiß!“ Hab isch angemerkt: „Dann bist du ja eine Halbwaise!“ Sie darauf: „Un du hast e Vollmeise!“

Meine Verehrung

Ihne Ihrn Kunrad

Tachebuch 18.04.2020

Gude, die Herrschafte,

heutzutach nimmt des ja Forme an, also, wenn du die Geschehnisse als am Rande des Wahnsinns schilderst, hast du dich allenfalls grob angenähert.

In diesem Zusammehang: isch hab jetzt schon zweimal Leut allein in ihrm Auto fahrn sehe – mit Atemschutzmaske! Warum um Himmels Wille habbe die im Pkw e Maske uff? Wolle die ihr Auto nit mit Corona anstecke? Befürchte die, dass ihrn Karrn mit Viren verseucht werde un innerhalb von 14 Tach sein letztes Abgas durchs Auspuffrohr hauche könnt? Eine vernünftige Erklärung wär allenfalls, dass se unner dem Zeichen der Infektion strafrechtlich relevante Tate begehe wolle, awer isch befürchte, die habbe se einfach nit all de Reih nach.

Passend dazu kann isch berichte, dass ich letztens auf einem Parkplatz vor em Supermarkt auch so ein Bruder gesehe hab. Kommt mim Auto gefahrn, trägt e Atemschutzmaske, hat awer zusätzlich sei Fraa ohne Maske dabei. So weit, so schlecht. Die Fraa macht die Tür uff un isch hör den Maskenmann sache: „Geh du allein einkaufe, es langt, wenn sich einer ansteckt!“ Isch wär am liebste hingegange un hätt ihm erzählt, dass er doch schon Mut brauche würd. Die Maske, die er hätt, käm aus China, das würd isch sofort sehe. Un gestern hätte se im Radio Vatikan exklusiv bericht, dass in de chinesische Maske des Virus einige Monate aushalte könnt. Awer die Maske würde die annern sehr gut schütze. Dann hätt isch vielleicht hinzugefügt: „Ihrn Mut möcht isch habbe un vielen Dank für den Schutz!“ Da wär der ins Grübele komme. In all de Extras, Brennpunkte, odder wie die Hysteriesendunge heiße, hätt er dadevon ja nix gehört. Isch wette, binne 5 Minute hätt der feine Herr die Maske aus em Autofenster geschmisse, genauso wie sonst sei Zigarette. Isch hab´s dann doch nit gemacht, awer es juckt mich jetzt noch in de Finger.

Rein vorsorglich: Des mit dem Virus, das sich monatelang hält, wär dumm Zeisch gewese, erstunke un erloge. Nit dass jetzt die nächst Hysterie ausbricht un isch bin schuld dran bzw. de Radio Vatikan.

Meine  Verehrung

Ihne Ihrn Kunrad

Tachebuch 15.04.2020

Gude, die Herrschafte,

jetzt is es also amtlich. Die Corona-Lockerunge betreffe weder Restaurants noch Gaststätte, somit auch keine Wertschafte. Bis mindestens zum 3. Mai bleibe die zu.

Da werde ja meine schlimmste Alpträume wahr. Isch komm vielleicht  irgendwann in mei Stammkneip un de Wert sacht: „Wer sin dann Sie?“ Odder beim Lieblingsitaliener werd isch gefracht, ob isch nach em Esse gern en Schnaps will. Un lauter so Zeugs. Da kann´s einem ja angst un bange werde.

Un üwerhaupt gibt´s keinen Grund meine Stammkneip nit widder uff zu mache. Von alle Kerle, die an de Thek gesesse habbe, is keiner krank geworde. Das liegt, hab isch tatsächlich in einer wissenschaftlichen Sendung gesehe – kein Witz -, womöglich daran, dass wir alle Viertelstund mit qualitativ hochwertigem Alkohol die Mundregion desinfiziert habbe. Dann is de Corona-Virus nämlich chancenlos.  Da is ein Hinweis an die Bundesregierung dringend notwendig: Wertschafte uff – ja! Awer nur unter der strikt zu überwachenden Auflage, dass die Gäst alle 15 Minute ein Schnaps trinke! Hart, aber machbar! Was tut mer nit alles, um die Krise in de Griff zu kriege.

Meine Verehrung

Ihne Ihrn Kunrad

Tachebuch 12.04.2020

Gude, die Herrschafte,

am Karsamstag hatt isch ausnahmsweis mal nix zu mache, mei Fraa hat vor lauter Butze vergesse, mir die übliche Arbeitsaufträg zu erteile. Da hab isch halt so vor mich hin siniert. „Isch hab ein mords Werbespruch für´n Osterhas!“, hab isch meiner Fraa kundgetan. Da hat sie gleich mit dem österliche Spruch gekontert: „Du waast heit aach nit, wo du deu Ei hinlege sollst!“ Hab isch üwerhört. „Willst du wisse, wie mein Werbeslogan für´n Has heißt?“ Keine Reaktion. „Also, wenn du so drum bettelst:

„Corona-Ostern – das kommt an!            Lieferservice Mümmelmann!“

Keine Reaktion. Isch mein awer, isch hätt mei Fraa in de Stiel von ihrm Schrubber beiße sehe. Jedenfalls hatt isch gleich gut Laune.

Konnt natürlich nit lang anhalte. Mei Fraa: „Wenn dir so langweilisch is, dann mach doch emal e schö Ostergedicht, nit als dein saudumme Kram!“ Gut, awer des is sehr schwer, weil sich uff Ostern fast nix reimt. Jedenfalls hat sie mein Ehrgeiz geweckt un pünktlich zum Ostersonntach hat isch´s fertig. Ihr Reaktion zu meinem wunderbaren Vers möcht isch lieber nit schildern, weil solche kaum druckreife Worte nit zu dem christliche Feiertach passe. Awer isch find´s Gedicht gut:

„Ostergruß

Man feiert es in Kirchen und in Klöstern,

ich wünsch Euch allen frohe Östern!“

 

Meine Verehrung

Ihne Ihrn Kunrad

Tachebuch 11.04.2020 Teil 2

Gude, die Herrschafte,

isch bin´s schon widder. Awer bei dem Facebook passiern ja Dinger. Wenn du da drin bist, kriegst du so empfohlene Seite, also quasi Einladunge von Gruppe, die dich gern dabei hätte.

Jetzt wollt isch, wenn isch schon so Einladunge bekomme, nit unhöflich sein. Awer, was die mir da empfohle habbe, da tu isch misch schon e bißje schwer.

Erste Gruppe: „I love Tattoos & Piercings“. Is jetzt emal so gar nit meins. Isch bin in ner Zeit groß geworde, wenn da jemand eine Tätowierung hatt, wußt mer „Seefahrer oder Knast“! Isch hab da extreme Vorurteile, isch kann da gar nix mache. Wenn isch ein Firmechef wär un jemand tät sich mit einer Tätowierung bewerbe, dem müsst isch quasi sache: „Sie sin hier falsch, die Reederei is in Hamburg!“ Wahrscheinlich würd isch noch ergänze: „Isch habb letzt bei em Autoscooter e Schild gesehe „Junger Mann zum Mitreisen gesucht“,  vielleicht bewerbe Sie sich da mal!“ Isch könnt mit Sicherheit nit anners!

Und was passiert, wann isch misch dieser Gruppe anschließe. Komme da sofort Leut gestürzt un tätowiern mir en Bembel uff die Brust un en Garteschlauch uff de Buckel? Odder was sonst heutzutach Mode im Bereich der heißen Nadel is? Isch will gar nit drüwwer nachdenke.

Un frage Sie misch bitte nit, was isch von Piercings halte. Nur so viel: Isch denk immer, dass die Gepiercte doch die Gefahr laufe, mal irgendwo hänge zu bleibe. Allein das Kopfkino, die Vorstellunge! Nein, des is nix für misch.

Als zweite Gruppe wurde mir „Schwangerschaftstest Positiv“ empfohle. Unner uns, isch hab zu Lebtach noch kein Schwangerschaftstest gemacht, un isch bezweifle, dass ein solcher bei mir positiv ausfalle könnt. Vielleicht meine die awer, dass isch der wär, wege dem der Schwangerschaftstest mit positivem Ergebnis ende könnt. Gut, e bißje geschmeichelt fühl isch misch schon, awer um der Wahrheit die Ehre zu gebe, isch kenn niemand in meim nähere Umfeld, der in Gefahr gerate könnt, mit eim positive Schwangerschaftstest einer Facebookgruppe seine Aufwartung mache zu müsse. Also auch mit der Gruppe tu isch misch schwer.

Dann gab es noch eine Empfehlung: „Rossmann Junkies“. Da bin isch dann awer sauer geworde. Ja, denke die, der Kunrad, der alte Depp, der is bestimmt Dauerabonnent von de „Apotheke-Rundschau“ un stürzt süchtig in jed Drogerie, die ihm in Quer kommt? Un was macht eigentlich ein Rossmann Junkie? Frißt der packungsweis nicht verschreibungspflichtige Tablette odder schütt der sich es Mundwasser hinner die Ohrn bis de Krage dorschgeweicht is? Odder liegt ein Rossman Junkie morjends vor der Filiale un hechelt sich durch, bis de Lade geöffnet wird? Seid mir nit bös, da bleib isch liewer auße vor.

Also, isch hab gedacht, so Konzerne arbeite mit Algorithme, die genau ermittle, was der jeweilige Kunde für ein Kamerad is. Also, wenn die Algorithme so ein Mist zusammeschustern, dann braucht uns dadevor nit angst un bange zu sein.

Meine Verehrung

Ihne Ihrn Kunrad

Tachebuch 11.04.2020 Teil 1

Gude, die Herrschafte,

mein Internetberater hat gesacht, ich müsst uff Facebook. Also bin isch dort aach.

Jetzt musst du aber, um eine Adresse fürn Kunrad zu habbe, 25 Leut finde, dene  die Seit gefällt. Also müsse 25 Leut eine Seite besuche, die es gar nit gibt. Das sind Anforderunge, die nit ganz so einfach zu erfülle sin. Sie merke, isch bin da auch noch nit so ganz dahinner gestiege.

Mein Internetberater hat deshalb alle seine Facebook-Bekanntschafte gebete, sie möge doch einmal uff die eigentlich noch gar nit vorhandene Seite gehe un „Gefällt mir“ hinnerlasse. Die habbe das dann auch gemacht, so dass die Seite bald ein Name hat.

Liebe Freundinne un Freunde, die ihr hier geholfe habt: Herzlichen Dank! Vor allem vor dem Hinnergrund, dass sowas ja auch erhebliche persönliche Nachteile habbe kann.  Wenn beispielsweise irgendeine Geschmackspolizei irgendwann einmal e Kontrolle macht, dann wisse die, dass ihr die Seite von mir altem Depp geliked habt. Isch glaab, so heißt das. Ob ihr dann noch euern Personalausweis verlängert kriegt, weiß kein Mensch.

Awer isch hab grad bei dem Chaos, der uff solche Seite herrscht, bei dene drei dutzend Frage, die du beantworte sollst, un den dringende Anregunge. die du erhältst, gemerkt: Wer Im  Internet unterwegs is, darf kein Feigling sein!

Meine Verehrung

Ihne Ihrn Kunrad

Tachebuch 02.04.2020. (E halb Stund später)

Gude, die Herrschafte,

jetzt war isch doch grad mit meim Tachebucheintrag fertig un schalte de Fernseher in de eigentlich Pandemie-freie Zeit um dreiviertel neun ein, was muss isch da in einer Infosendung sehe? De Verkauf von Klopapier is um 211% gestiege – soweit so irr -, awer zur gleichen Zeit is der Ankauf von Bier um 5% zurückgange. Ja, da werd doch de Handkäs in de Schüssel verrückt! Habbe mir se noch all? Ganz offensichtlich – nein!

Meine Verehrung

Ihne Ihrn Kunrad